Im Dorf Sollwitt gab es früher zwei Arten von Bauern, die freien Bauern und die Pachtbauern. Die freien Bauern saßen als Vollfreie auf ihrem Besitz und schalteten und walteten, wie sie wollten. Sie konnten Land kaufen und verkaufen ganz nach Belieben und Vermögen. So wurden einige Besitze bedeutend vergrößert. Der Bauer hieß früher "Bonde". Waldbesitz freier Bauern heißt auch jetzt noch "Bondenholz".
Anders stand es mit den Pachtbauern. Man nannte sie nach dem dänisch-nordischen Wort für pachten (=faeste) die Faestebauern oder Festebauern. In Sollwitt gab es von ihnen vier.
Festestellen waren: zu Jürns, jetzt gesprochen wie Jüdens, Thor Claves, Hannsjens und Tammeres. Eigentümer dieser vier Festestellen war ursprünglich das Domkapitel, das heißt die damals katholische Kirchenverwaltung in Schleswig. Die Festebauern waren der damaligen Domvogtei in Koxbüll unterstellt und mussten als Lehnsträger für das ihnen anvertraute Kirchengut die Pacht an den Vogt in Koxbüll zahlen. Dieser führte die bäuerlichen Abgaben wieder an die Schleswiger Verwaltungsstelle ab, an das Domkapitel.
Starb der Festebauer, so ging, da die Stelle in Erbpacht war, der Besitz auf den ältesten Sohn über. Dieser bekam jetzt den Festebrief, also den damaligen Pachtvertrag. Es durfte von der Festestelle kein Land verkauft oder zu ihr hinzugekauft werden.
Nach der Reformation riss der Staat die Lehnsgerechtigkeit - das Recht, diese Bauernstellen weiter in Pacht oder Erbpacht zu geben - an sich. Die ehemaligen kirchlichen Festestellen wurden nun staatlich. Dadurch vergrößerten sich die Staatseinnahmen natürlich sehr. Und aus diesem Grund haben damals die Fürsten und weltlichen Obrigkeiten gewiss die Reformation mit gefördert. Sie konnten gemäß der damaligen Rechtsgrundlage nach dem Bekenntniswechsel in den Besitz der kirchlichen Besitztümer kommen.
Die Festestellen in Sollwitt hatten einen Umfang von jedes Mal ein Viertel Hufe. Die vier Stellen machten also zusammen eine Vollhufe aus. Nach einem Steuerregister hat im Jahre 1483 das Dorf drei, im Jahre 1499 zwei Besitzer gehabt, (ein Bohl ging an das Domkapitel, die Steuerabgaben wurden von der Vogtei Koxbüll geregelt). Was die Bohlzahl angeht, hat das Dorf damals denselben Umfang gehabt wie jetzt. Sollwitt umfasst 640 Hektar oder drei Bohl. Demnach ist dort ein Bohl ungefähr 213 Hektar groß. Bohl war ursprünglich das Stück Land, das von seinem Besitzer mit einem Pflug bearbeitet werden konnte. Es heißt zum Beispiel über Aufbringung von Lasten so: " Ein Bohl ward geschätzt zu drei Mark Goldes, deren eine jede acht Mark Silbers enthielt". Nach dieser Schätzung waren sowohl die Kriegslasten als auch andere Pflichten und Rechte bestimmt. Zu den Rechten gehörte z.B. das Anrecht zur Feldgemeinschaft. Es wurde also nach Mark Goldes oder Silbers eine Hufe, ein Viertel, Achtel, Sechzehntel Hufe geschätzt und so in Beziehung zum Besitz der Festebauern gebracht und dann geteilt.
Ein Festebrief, wie er für den Besitz zu Jürns (Jüdens, am 24. Januar 1978 abgebrannt) 1786 ausgestellt wurde, heißt wörtlich:
"Im Namen Ihro Königl. Majestät zu Dänemark, Norwegen p. p. meines allergnädigsten Königs und Herren, verfasst hiermit dero bestalteter Kammer Herr und Amtmann des Amtes Bredstedt, ich Gustav Gotthard von Blücher, Ritter, dem ehrsamen Matthias Carstensen in Sollwitt die seinem verstorbenen Schwiegervater Lorenz Clausen daselbst eingethan gewesene Domkapitels Insten Kathe daselbst, dergestalt und also, das er nach Erlegung vier und zwanzig Lübchilling Species Königl. Festegelder, dieselbe bebauen, bewohnen, verbessern, auch wie sie sonst in ihrem Ende und Scheiden belegen und von den Vorwesern geruhig genutzet und gebraucht worden, besten Gefallens damit schalten und walten möge. Jedoch das er der Obrigkeit davor alle Wege treu und gehorsam seye und sonsten alles dasjenige, was der Obrigkeit davon geplant und er zu bezahlen und zu leisten gehalten, alles zu rechter Zeit auch thun und leisten, die Gebäude in gutem und baulichen Stande unterhalten, nicht ohne obrigkeitlicher Consens von dieser Insten-Kathe verkaufen, versetzen, verpfänden oder auf andere Art und Weise etwas davon veralieniren (veräußern) solle, sondern derselbe dermaßen vorstehen, wie er es vor seiner Obrigkeit allemal zu verantworten sich getrauet. Alles bei Verlust der Feste.
Urkundlich ist ihm dieser Festebrief unter meiner Subskription und beigedruckter ordentlicher Pettschaft ertheilet worden.
- Geschehen auf dem Amts-Hause zu Bredstedt den 3. Nov.1786
G. v. Blücher
Soweit hatte es Heinrich Rohlfs (Lehrer in Sollwitt von 1923 - 1930, danach in Löwenstedt), in dem "Viöler Kirchenblatt" vom Juni 1932 geschrieben. Dieser Festebrief gibt zwei Personennamen her:
1. Lorenz Clausen (geb. 23. Januar 1744 in Behrendorf, gest. 1.Mai. 1785 in Sollwitt) war seit dem 28. April 1771 mit Catharina Thomsen geb.Jensen (geb. 31. Oktober.1735 in Pobüll, gest. 19.Mai. 1785 in Sollwitt), verheiratet. Für Catharina war es die 2. Ehe, vorher war sie mit Andreas Thomsen von Hansschreuers (damals noch im Dorf liegend, und Hansschrödes ausgesprochen, was soviel heißt wie "Hans Schneider" also der Vorname und den Beruf in dänischer Aussprache des Namensgebers der Hofstelle) verheiratet, dieser starb aber am 18. September 1769, mit 52 Jahren. Er hinterließ eine Tochter, Christina Andresen (1) sie war am 13. September 1767 geboren.
Nachdem ihr Stiefvater und ihre Mutter innerhalb von 19 Tagen im Mai 1785 gestorben waren, Erbte sie Hansschreues.
Am 3. November 1785 heiratet sie Matthias Carstensen, auf den Tag genau ein Jahr danach wird der vorgenannte Festebrief vom Bredstedter Amtmann auf seinem Namen ausgestellt.
2. Matthias Carstensen von Jüdens in Sollwitt, geboren am 30. Oktober 1765.
Er erbaute 1808, ein Jahr nach der Fluraufteilung bzw. Verkopplung, das Anwesen von Hansschreues auf dem Osterfeld von Sollwitt und wurde deshalb auch als Ausbauer bezeichnet, damals wurde diese Häuseransammlung auf dem Osterfeld an der Gemeindegrenze zu Süderhackstedt auch Klein-Sollwitt genannt. Bis heute haben sich noch Reste der alten Bausubstanz erhalten und werden noch gebraucht als Lagerschuppen für Futtermittel des jetzigen Besitzers Bernd Meyer.
(1) Patronymische Namensgebung: der Vorname des Vaters war der erste Teil vom Nachnamen der Kinder, danach schrieb man noch -sen, was soviel wie Sohn hieß:
"Andreas sein Sohn = Andresen", bei Töchtern wurde es auch so gehandhabt.
Dorfarchiv Sollwitt-Pobüll
Ralf-Jens Schütt